Über Unwägbarkeiten und eine unvergessliche Wein-Fahrradtour in Mendoza
Mendoza, DIE Weinregion Argentiniens, überrascht uns in zweierlei Hinsicht: Obwohl ihre Metropole und die vielen Vororte Mitten in der Wüste liegen, begegnet uns überall üppiges Grün. Von einer Bewohnerin erfahren wir, dass diese Oase ihre Existenz den großen Wassermassen, die über den Rio Mendoza aus den Anden kommen, verdankt und mithilfe unzähliger Bewässerungsgräben aufrechterhalten wird. Unglaublich, wenn man bedenkt, dass es hier so gut wie nie regnet. Die zweite Überraschung erleben wir auf der Suche nach einem Stellplatz: Freie Plätze sind kaum zu finden und laut verschiedener Aussagen ist es auch viel zu gefährlich, irgendwo in der Stadt frei zu stehen. Bleibt uns also nur der Besuch eines Campingplatzes. Doch auch das erweist sich als schwierig, die meisten Plätze sind in der Nach-Sommer-Nebensaison nur noch an Wochenenden oder Feiertagen geöffnet. Aber nach drei Anläufe finden wir doch noch einen geöffneten Campingplätze.
Ausflug in die Innenstadt Mendozas – Bürokratiewahn und unbegreifliche Ladenöffnungszeiten
Von hier aus hole ich am nächsten Tag meinen Bruder vom Flughafen ab – er wird uns die nächsten 10 Tage auf unserer Reise begleiten. Nach seiner 54 stündigen Anreise über London, Madrid und Buenos Aires nach Mendoza (so ganz durchdacht war diese Anreise dann doch nicht…), lassen wir es erstmal ruhig angehen und machen einen Ausflug ins Stadtzentrum.
Da wir in den nächsten Tagen im nahe gelegenen Nationalpark Aconcagua eine Wanderung unternehmen wollen, suchen wir zunächst das Nationalparkbüro auf – wir brauchen eine extra Wandererlaubnis. Nicht, dass das schon umständlich genug klingt, der formale Prozess entpuppt sich als Bürokratie-Alptraum. Jeder von uns muss am Computer einen Account anlegen, um damit digital eine Wandererlaubnis zu beantragen. Anschließend tragen wir all unsere Daten nochmals händisch in ein Formular – beinhaltet die Trekking-Regeln – das wir dann unterschreiben. Wir bekommen jeder einen Kassenbon ausgestellt, mit dem wir zwei Straßenecken weiter zu einem Kiosk rennen, bei dem wir das Ganze bezahlen (nur bar!). Dann kommen wir mit der Bezahlbestätigung wieder zurück und unsere Wandererlaubnis wird vor Ort ausgedruckt. Jetzt müssen wir noch einmal ein anderes Formular unterschreiben, unsere Daten werden zum dritten Mal abgeglichen und natürlich bedarf es noch eines Stempels und einer Unterschrift seitens des Büros…
Bei einem leckeren Mittagessen erholen wir uns erstmal von dem Bürokratiewahn. Doch es steht auch gleich schon die nächste Mission an. Für die Wanderung braucht Martin noch eine Wind- und Wetterfeste Jacke, denn seine hippe Lederjacke scheint uns als Wanderausrüstung nicht sonderlich geeignet. Natürlich ist gerade Siestazeit und alle Geschäfte sind geschlossen. Man könnte denken bis 3 ggf. 3:30, aber nicht so hier. In Mendoza öffnen die Länden erst ab (!) 17 Uhr. Von 13 bis 17 Uhr Mittagspause?!? Seltsame Arbeitszeiten! Uns bleibt also nichts Anderes übrig, als in der Hitze weiter durch die Stadt (alles ist geschlossen) zu schlendern. Schließlich sind wir pünktlich zurück und nach einem umständlichen Einkaufsprozess ist Martin stolzer Besitzer einer neuen Jacke. Den Abend lassen wir entspannt mit lecker Grillen auf dem Campingplatz ausklingen.
Kulinarische Fahrradtour mit lecker Olivenöl und köstlichem Wein
Wer in Mendoza ist, muss natürlich auch eine Weintour mitmachen – somit fahren wir am nächsten Tag ins nahegelegene Maipú, um mit Leihfahrrädern, die Weingüter und Olivenfarmen der Region zu erkunden. In Maipú angekommen sehen wir uns allerdings zunächst wieder mit dem Stellplatzproblem konfrontiert. Unser Plan war es, zunächst einen Campingplatz oder freien Stellplatz in der Nähe anzusteuern, damit wir das Auto direkt stehen lassen können. Doch Pustekuchen! Nach viel Rumfragen und einigem hin und her, finden wir weder einen geeigneten Stellplatz noch ein Hostelzimmer zu einem annehmbaren Preis. Felix will schon die Flinte ins Korn werfen und die ganze Aktion abblasen, doch da ich die Tour unbedingt machen will und eh nicht so der Rotweintrinker bin, verzichte ich größtenteils auf den Alkoholgenuss, und wir kommen doch noch los.
Unser erstes kulinarisches Erlebnis ist eine Olivenölverköstigung inklusive Wein und Empanadas. Bei einer kleinen Olivenölmanufaktur lernen wir einiges über die Olivenölherstellung und genießen ein leckeres Lunch in einem schönen grünen Garten.
Unsere zweite Station führt uns zufällig zum größten Weingut Argentiniens: Trapiche. Auf der insgesamt zweistündigen Tour kosten wir zuckersüße, fast überreife Trauben, lernen, wie auf dem Gut traditionell Wein hergestellt wurde (viele alte Strukturen sind noch erhalten bzw. werden aktuell in Form eines Museums wiederaufgebaut), bekommen einen Einblick in den modernen Weinherstellungsprozess und verkosten schließlich drei edle Tropfen des Hauses. Ich Rotweinbanause schmecke zwar keinen Unterschied, doch Felix ist so begeistert von der hausinternen Malbec-Mischung, dass er gleich 3 Flaschen kauft.
Anschließend besuchen wir noch eine weitere Bodega, wo es zwar keine Führung, aber fünf weitere Rotweinsorten zu verköstigen gibt. Mit südländischer Pünktlichkeit machen wir uns zusammen mit einigen anderen Touris auf unseren Hugo-Bikes-Leihrädern auf den Rückweg, um mit nur 30 Minuten Verzug die Fahrräder wieder abzugeben.
Glückselig steuern wir den nächsten von Mr. Hugo empfohlenen Campingplatz an. Hier treffen wir zufällig Martina und Lothar wieder – die ersten anderen Overlander, die wir auf unserer Reise getroffen haben. Mit ihnen, unter den aufmerksamen Augen der lokalen Hunderasselbande, verkosten wir direkt eine der gekauften Flaschen und lassen den nächsten Tag sehr entspannt angehen.