Atemberaubende Gletscherlandschaft des Perito Moreno
Nach unserem reichhaltigen Frühstück mit Thomas in El Chaltén erreichen wir gegen Nachmittag mit unserem schwankenden Auto El Calafate, das Eintrittstor zum südlichen Teil des Parque National Los Glaciares. Leider gab es weder in El Chaltén noch auf der Strecke Handyempfang. Normalerweise kein Problem, doch heute Morgen habe ich erfahren, dass ich Onkel von 2 gesunden Zwillingen geworden bin und wenn ich schon nicht persönlich da bin, so will ich zumindest kurz meine Schwester sprechen. Katharina ist zwar nicht erreichbar aber dafür kann ich Karim tränenreich gratulieren. Danach – wie üblich in jeder größeren Stadt – Einkaufen & Internet suchen. Außerdem buchen wir für übermorgen die „Big Ice Tour“, eine 3 stündige Wanderung über den Gletscher Perito Moreno – unser eigentliches Ziel.
In Argentinien gibt es nicht nur den Gletscher Perito Moreno, sondern auch einen Nationalpark und eine Stadt, die nach Herrn Moreno benannt ist. Eine kleine Recherche ergibt: Der Forscher und Geologe Perito Moreno überlistete die Chilenen 1898 bei der Grenziehung zwischen beiden Ländern. Chile forderte, dass alle Quellgebiete der Flüsse, die in den Pazifik fließen, zu Chile gehören (divortum aquarum continental). Dies betraf ebenfalls den Fluss Río Fénix und seine Region. Kurzerhand leitete Perito Moreno diesen Fluss in den Río Deseado um (mündet im Atlantik). Somit blieb die Region samt Fluss Teil Argentiniens und die Stadt, Nationalpark sowie Gletscher wurden zu seinen Ehren umbenannt.
Ein beeidruckendes Schauspiel am Gletscher
Der Glaciar Perito Moreno ist einer der am einfachsten zugänglichen Gletscher der Welt. Er ist 30 km lang, 5 km breit und ragt an seiner Abbruchkante 50 – 60 m hoch aus dem Wasser (vom Grund des Sees bis an die Kante sind es sogar teilweise 700m!) Dies allein ist aber nicht der Grund, warum jedes Jahr Tausende von Touristen hier her kommen, sondern auch die Tatsache dass er noch wächst: durchschnittlich 2 m pro Tag.
Im Park dürfen wir nicht campieren, aber direkt vor der Toreinfahrt scheint sich keiner an uns zu stören. Somit sind wir um knapp 8:30 Uhr die ersten, die in den Park fahren und bekommen einen der wenigen Parkplätze direkt an den Aussichtsplattformen am Gletscher – fast wie auf Mallorca, Liegen morgens mit dem Handtuch zu reservieren. Allerdings schüttet es wie aus Eimern und die Sicht beträgt gefühlte 10 Meter. Da wir in unserem eigenen Auto unterwegs sind, müssen wir uns keinen Stress machen und können auf besseres Wetter warten, das ab mittags vorhergesagt ist. Die armen Besucher, die nur 2-3 Stunden mit dem Bus hier sind, müssen direkt wieder los, während wir lesend den Vormittag verbringen. Endlich zieht der Regen ab und wir brechen auf, um uns das Naturschauspiel anzusehen: Da der Gletscher wächst, brechen regelmäßig Eisberge in der Größe von Hochhäusern von der Gletscherzunge ab. Das Knacken und Krachen des dynamischen Gletscher ist beeindruckend und die Abbrüche erscheinen auf Grund ihrer Größe wie in Zeitlupe zu geschehen.
Die nächste Nacht verbringen wir nicht am Parkausgang – der nahegelegene Generator war auf Dauer doch etwas nervig – sondern an einer Brücke ein paar Kilometer weiter entfernt. Im aufziehenden Sturm können wir zeigen, was wir in Sachen Dachzelt-Fixierung so gelernt haben und schaffen es einigermaßen ruhig zu schlafen.
Big Ice Tour durch einzigartige Gletscherlandschaften
Heute geht es zur „Big Ice Tour“ auf den Gletscher! Wir fahren mit einem Boot an der Gletscherwand zum Ausgangspunkt unserer Wanderung (allein das lohnt sich schon), erhalten Steigeisen und laufen nach einer kurzen Sicherheitseinweisung los. Zwar hat der Nieselregen seit gestern Nacht nicht richtig aufgehört, aber das Erlebnis lässt das alles vergessen. Wir laufen durch eine Eishöhle; sehen Blautöne, die komplett surreal erscheinen; steigen über Gletscherspalten und betrachten Lagunen, Wassertunnel und Wasserfälle, die fast wie Wasserrutschen in einem Spaßbad wirken. Nach knapp 3,5 Stunden geht es wieder mit dem Boot zurück und wir bekommen Whisky mit Gletschereis serviert.
Neben den Blauwalen auf Chiloe und dem Aufstieg zum Vulkan Villarica mein bisheriges Highlight!
Zurück in El Calafate müssen wir nur noch argentinisches Geld abheben – für einen weiteren kleinen Einkauf und den Campingplatz im Ort. Leider nehmen 5 verschiedene Banken weder Kathrins noch meine Visa, Master oder EC- Karten. Etwas frustriert will ich schon die Nacht direkt nach Chile durchfahren, bis Kathrin den genialen Einfall hat, mit unserer Visa-Karte für andere an der Tankstelle zu zahlen und dafür das Bargeld zu bekommen. Ich löse zwar mit meinem Anliegen große Verwunderung aus, aber schon beim zweiten Auto klappt es, wir sind wieder liquide und können den letzten Abend in El Calafate unbeschwert genießen 🙂