Windgepeitschtes Feuerland
Unser Hyundai Terracan aka Coche de la Mierda ermöglicht mir, meinen spanischen Wortschatz kontinuierlich auszubauen. So weiß ich jetzt was freno de mano (Handbremse), faro trasero (Rücklicht), luz de frenado (Bremslicht), amortiguador (Stoßdämpfer), extraños ruidos de motor (komische Motorgeräusche), suspensión de las ruedas (Radaufhängung) etc. heißt. Gleichzeitig habe ich die Möglichkeit, nette Gespräche mit Mechanikern aller Art zu führen und irgendwie doch noch einen zeitnahen Termin zu ergattern, obwohl sie eigentlich voll sind. So auch heute.
3. Werkstattbesuch
Laut Plan wollten wir auf unserem Rückweg vom Nationalpark Torres del Paine eine zweite Nacht in Puerto Natales schlafen, dort kurz das kostenlose Internet der Touri-Info nutzen und dann weiter. Nach einer Nacht neben einer feiernden Gruppe Halbstarker, auf dem Weg ins Zentrum, bricht unser Radio aus der Halterung und liegt jetzt hinter der Abdeckung. Also auf ein Neues zum Mechaniker, der die amortiguadors ausgetauscht hat. Der hat leider keine Zeit, aber empfiehlt mir jemanden anderen, der mir dann wieder jemanden anderen empfiehlt. Das Problem in Puerto Natales ist, dass alle Straßen Einbahnstraßen sind und nicht ganz logisch (zumindest für mich) angeordnet sind. So kann es sein, dass, wenn man zurück will, 3x links oder 3x rechts nicht automatisch zu dem gewünschten Ergebnis führt. Irgendwann finde ich den Techniker – der kann sich ggf. um 3 Uhr Nachmittags (so viel zum Thema früh los) das Problem ansehen.
Ganz im Sinne von Katharina (5 Minuten vor der Zeit ist die wahre Pünktlichkeit), bin ich schon um 14:30 da und werde sofort drangenommen. Der Techniker sieht sich das Problem an, hat Mitleid mit mir und fragt kurz „Du willst heute noch los, oder?“ Ich: „Ja“, also reißt er die Abdeckung einfach ab und Dank viel Tesa-Tape hält das Radio jetzt auch wieder. Die Abdeckung hat jetzt zwar einen kleinen Sprung, aber wir können los Richtung Ushuaia. Und der Techniker will noch nicht einmal etwas für seine Arbeit haben, klagt stattdessen über die unsägliche Hitze (23 Grad) und will heute um 4 Uhr Schluss machen.
Vom windigen Patagonien zum windgepeitschten Feuerland
Punta Arenas lassen wir auf unserem Weg gen Süden links (bzw. rechts) liegen und fahren direkt zur Magellanstraße, um mit der kürzeren Fähre an der Bahia Azul nach Feuerland überzusetzen. Die Fähre klappt problemlos, nur müssen wir beide jetzt einen Platz für uns und unser Dachzelt finden. Der Wind der uns schon die letzten Tage begleitet, ist nun zu einem ordentlichen Sturm angewachsen. In einem Restaurant direkt am Anleger schildere ich unsere Situation und dankenswerterweise können wir uns an einer Ecke des Hauses vertäuen (wir lernen hier, dass 18 Grad schon als extreme Sommerhitze wahrgenommen wird).
Am nächsten Morgen, wir haben beide nicht wirklich viel geschlafen (Wind, der das Zelt flattern lässt + laute LKWs, die bis 1 Uhr nachts noch die Fähre nutzen = ganz unruhiger Schlaf), gehen wir im Restaurant frühstücken – eigentlich als Dank für die gestrige Hilfe. Nach einer reichhaltigen Mahlzeit will ich zahlen, aber die Dame will nichts haben. Wir sind eingeladen (wir lassen trotzdem ein ordentliches „Trinkgeld“ auf dem Tisch liegen).
Als Magellan und seine Männer die Meerenge erkundeten, sahen sie nachts die vielen Feuer, an denen sich die Bewohner wärmten. Daher nannte Magellan das Land entsprechend „Feuerland“.
Königspinguine, Unmengen an Schafen und wilde Natur
Im Besucherzentrum können wir uns dank Stark-Windkraftanlagen noch kostenlos duschen, bevor es weiter geht. Felix & Doro hatten uns die Königspinguin-Kolonie bei Onaisin empfohlen und so ruckeln wir durch Sturm und Nieselregen der Ortschaft entgegen (wobei Ortschaft zuviel gesagt ist – die meisten Ortschaften hier im Süden bestehen aus einer (oft verlassenen) Estancia, einer Bruchbude oder sind überhaupt nicht erkennbar). Nun ja ganz nett, aber irgendwie scheint es, als wäre den Pinguinen ebenfalls ungemütlich und sie stehen einfach nur rum. Also brechen wir nach knapp 20 Minuten wieder auf und suchen eine windgeschützte Waldlichtung, von der wir auf iOverlander gelesen hatten.
Wie im schlechten Film reißen die Wolken just in dem Moment auf, als wir auf der Lichtung ankommen und unser Dachzelt aufschlagen. Kein Wind und tatsächlich Sonne – Feuerland ist also doch nicht nur unwirtlich, sondern kann sich auch von seiner schönen Seite zeigen. Last but not least finden wir auch noch ein neues, deutlich passenderes, Logo für unser Coche de la Mierda…
Nach einem wunderbaren Abendessen im Windschutz des Waldes (sollte bis vor ein paar Jahren noch komplett von der amerikanischen Trillium Corporation gerodet werden), schlafen wir beide wie ein Stein.
Überwältigende Stille, historische Goldgräberstimmung und ein beeindruckender Sonnenuntergang
In der Morgensonne beim Müsli stellen wir fest, dass wir uns wohl auf der Frühstückswiese der Guanakos befinden. Die stehen jetzt am Waldrand, trauen sich aber doch nicht auf die Lichtung. Wir genießen die Sonne und eine überwältigende Stille. Von unserem Schlafplatz kommen wir an einer alten englischen Goldschürfmaschine vorbei (beeindruckendes Gerät!!!) und fahren über den chilenisch-argentinischen Grenzübergang „Rio Bellavista“ nach Tolhuin. Hier wollen uns die Grenzbeamten überhaupt nicht kontrollieren – trotz unseres neuen Logos.
Der Wind dröhnt nach wie vor – so ist an das Aufschlagen unseres Dachzeltes in Tolhuin nicht zu denken (Bankautomaten haben hier auch wieder nicht funktioniert, sodass wir kurz Geld „tanken“ waren). Irgendwo lesen wir, dass es kurz hinter der Stadt einen Campingplatz gibt, bei dem man sein Zelt in Holztipis aufschlagen kann. So kommen wir nach einem beeindruckenden Sonnenuntergang ruhig und gemütlich in Max’s altem Zelt unter einem Holzdach für diese windige Nacht unter.