Trekking Tour zum Mount Kenya
Berlin -> Abu Dabi -> Nairobi. Nach knapp 13 Stunden Flug endlich in Nairobi angekommen. Damit Felix und ich uns nicht verirren hatte Franz liebenswürdiger Weise direkt den Transport vom Flughafen organisiert. Und obwohl uns alle vor dem Verkehr warnten, war er am frühen Nachmittag noch recht erträglich. Etwas seltsam haben wir uns allerdings schon gefühlt, als wir dann durch ein großes schwarzes Tor auf die gesicherte Wohnanlage gefahren wurden. Vor der Wohnungstür mussten wir uns zunächst durch ein großes Gitter kämpfen, bevor wir endlich am Ziel waren – Felix fand einfach den richtigen Schlüssel nicht. Nicht nur die Wohnungstür ist doppelt gesichert, auch alle Fenster und die Balkontür sind vergittert und der Schlafbereich kann auch nochmal extra mit einem Gitter verriegelt werden.
Gleich am ersten Tag haben wir Kenia von sehr unterschiedlichen Seiten kennenlernen dürfen. Direkt bei unserer Ankunft gab es einen mehrstündigen Stromausfall. Keine Seltenheit, wie wir von Judith und Franz zuvor erfahren hatten. So standen auch bereits Solarlampen für solche Situationen bereit. Dennoch mussten wir schnell feststellen, wir abhängig wir inzwischen vom jederzeit verfügbaren Strom geworden sind. Zum Glück hatten wir unseren Campingtoaster dabei, sodass wir uns auf dem Herd etwas Brot toasten konnten – vielen Dank an Katharina, Rosa, Maren und Karim! Auch mit Judiths kenianischen Handy hatten wir große Startschwierigkeiten.
Der eigentliche Plan war Judith und Franz hier zu besuchen, nur kommt es eben doch meistens anders als man denkt. Also keine Judith und zumindest für die erste Woche, kein Franz! Auf unserer Abschiedsfeier empfahl uns Dirk doch den Kilimandscharo zu besteigen. Nach kurzer Internetrecherche erschien uns der Aufwand doch etwas groß. Also zum gut 100km entfernten Mount Kenya – mit 5199m der zweithöchste Berg Afrikas. Da wir beide keine Lust hatten in Nairobi „abzuhängen“ versuchten wir gleich eine Tour für die nächsten Tage zu buchen. Judith hatte uns einen Lonely Planet vermacht und so telefonierten wir uns durch verschiedene Anbieter. Allerdings war keine einzige Nummer erreichbar. Hatte das mit dem Stromausfall zu tun? Hatte es nicht, wie wir später erfuhren – die „kenianische Telekom“ war vor einigen Jahren pleite gegangen und daher funktionierten die Festnetznummern aus dem nicht top aktuellen Lonely Planet nicht mehr. Als ich schließlich am Abend über eine Handynummer doch noch einen Anbieter erreichte, konnte ich gleich für den nächsten Tag eine Tour vereinbaren. Ich war beeindruckt von dieser Spontanität. „Mountain View Tour Trekking Safaris“ hatte keine Internetseite, somit verließen wir uns auf die Empfehlung im Lonely Planet und die Absprachen per Telefon. Zu Recht…
Tag 1 – 4 Begleitpersonen um 2 olle Touris auf den Berg zu bringen
Der erste Tag unserer Trekking Tour begann entspannt. Um 10 Uhr holte uns Paul, unser Guide für die nächsten 5 Tage, ab. Eigentlich hatten wir 4 Tage Trekking geplant, aber Paul verkaufte uns die 5 Tage so perfekt, dass wir einschlugen (nicht die gleiche Route wieder hinabsteigen). Mit Schlafsäcken, Thermo-Unterwäsche, Regensachen, Wanderschuhen, Sonnencreme, Mütze und Handschuhen machten wir uns also auf den Weg nach Naro Moru, wo Paul direkt am Fuße des Mount Kenya Nationalparks sein Büro hat. Mit Paul hatten wir uns auf 120$ pro Person und Tag geeinigt – das machte insgesamt 127.200 Kenianische Schilling. So viel Geld mussten wir erstmal abheben. Kein so ganz leichtes Unterfangen: Ich konnte beim ersten Mal nur 10.000 Kshs abheben. Dann hatte der Automat eine Störung, der nächste Bankautomat fror einfach ein und wollte eine Zeit lang meine Karte nicht wieder ausspucken. Aber nach vielen Versuchen und mithilfe von verschiedenen Kreditkarten bei unterschiedlichen Banken schafften wir es letztendlich, die Gesamtsumme in 40.000 Kshs Chargen abzuheben und es konnte losgehen.
In Naro Moru lernten wir David und David kennen – einer war unser Koch, der andere unser Träger. Auf dem Weg in den Mount Kenya Nationalpark gabelten wir noch Caddy auf, eine weitere Trägerin, die uns die nächsten Tage begleiten sollte. 4 Begleitpersonen, um 2 olle Touris auf den Berg zu bringen? Wir waren sehr überrascht und schämten uns auch ein wenig, dass Koch und Träger den Großteil unserer Sachen sowie die komplette Verpflegung für das ganze Team über die nächsten Tage tragen würden.
Als wir schließlich am Sirimon Gate, dem Tor zum Nationalpark, ankamen, zauberte uns David noch schnell ein einfaches aber super leckeres Mittagessen, bevor wir losmarschierten. Über die Sirimon Route führte uns eine Buckelpiste von 2650 auf 3300 Höhenmetern zur ersten Hütte. Auf der 9km langen Strecke bekamen wir sogar einige Tiere zu sehen: Paviane, Wasserböcke, einen schwarzweißen Seidenaffen sowie Spuren von Hyänen und Elefanten. Im Dunkeln erreichten wir schließlich die Old Moses Hütte, wo wir auf nur 3 weitere Gruppen trafen – darunter auch Pete und Miriam aus Wien, die bereits auf ihrem Rückweg waren und berichteten, dass sie 250 Höhenmeter vor dem Gipfel umkehren mussten. Sie hatten auf über 4000m nur noch schlecht Luft gekriegt und waren zu erschöpft gewesen. Die Höhenkrankheit hatte sie voll erwischt. Würde uns das auch passieren? Eine große Ungewissheit machte sich breit. Hinzu kam, dass Felix eine erste Blase zu beklagen hatte und wir erfuhren, dass Paul Fieber hatte. Das waren keine besonders guten Aussichten. Felix Blase versuchten wir eher weniger erfolgreich auszubrennen, aber zum Glück hatten wir auch Blasenpflaster dabei. Und Paul gaben wir eine Ibuprofen. Wir hofften, dass am nächsten Tag alles wieder besser aussehen würde.
Tag 2 – Von 3300m auf 4200m durch das Liki Tal
Mein Schlafsack ist bis -10 Grad ausgelegt. Felix Schlafsack bis +2 Grad. Dennoch war mir trotz Thermo-Unterwäsche kalt und ich hatte kaum geschlafen. In der unisolierten Hütte hatte es sich nachts auf ca. null Grad abgekühlt. Nach einem reichhaltigen Frühstück machten wir uns nichts desto trotz auf die zweite Etappe. Zum Glück war Paul dank der Ibuprofen zu 90% wieder hergestellt. Zu Beginn schloss sich außerdem Omar aus Kairo unserer Gruppe an. So hatten wir einen interessanten Gesprächspartner, während wir an der deutschen Wetterstation (der Entwicklungshilfe sei Dank für diese wirklich wichtige Entwicklungsmaßnahme) vorbeikamen und durch das Liki Tal wanderten.
Die anfängliche Sonne wechselte sich bald mit Wolkenschwaden ab, die uns komplett umgaben. Unser Lunchspot unter einem feuchten Felsvorsprung war zwar nicht besonders gemütlich aber das Essen wieder vorzüglich. Unsere Trinkflaschen konnten wir später in einem Bach wieder auffüllen und am Nachmittag kam auch langsam die Sonne wieder zurück. Die Baumgrenze hatten wir bereits bei ca. 3000m hinter uns gelassen. So war unser Weg durch die Moorlandschaft im Liki Tal nur noch von unzähligen Riesen-Senezien und Lobelien geprägt. Mit den Felsen im Hintergrund wirkte die Landschaft auf uns wie die Prärie im wilden Westen.
Nach 13km kamen wir am frühen Abend bei der Shipton’s Hütte auf 4200m Höhe an. Die Hütte liegt am Fuße der drei höchsten Gipfel: Batian mit 5199m, Nelion mit 5188 und Lenana mit 4985m. Auf den Schnee bedeckten Gipfel Lenana, der einzige, der ohne Kletterausrüstung erklimmbar ist, sollte es am nächsten Tag gehen. Wir waren beeindruckt. Bei mir machten sich aufgrund der Höhe langsam Kopfschmerzen bemerkbar und nach der anstrengenden Wanderung waren wir auch schon ganz schön erschöpft. Die Hütte war ebenfalls nicht isoliert und die Außentemperatur ging nachts auf deutlich unter null Grad. So schlüpften wir nach dem Abendessen mit vielen Klamotten und Wärmflasche (Trinkflasche mit heißem Wasser) in den Schlafsack.
Tag 3 – Pole Pole (langsam langsam) auf dem Weg zum Gipfel
Für mich war die Wärmflasche die Rettung. Dennoch war mir kalt und ich schlief kaum, bis wir um 2 Uhr nachts wieder geweckt wurden. Der Plan war, früh zum Gipfel aufzusteigen, um den Sonnenaufgang von dort aus zu erleben. (Zum Glück) hatte es angefangen, wie aus Eimern zu gießen. So standen wir mitten in der Nacht nur für eine Tasse Tee und etwas Popcorn auf und legten uns danach wieder hin. Felix wurde in der Nacht erst kalt dann zu warm und bekam Platzangst in seinem (gefühlt) zu engen Schlafsack. Danach setzten auch bei ihm Kopfschmerzen + Übelkeit ein. Ibuprofen und Aspirin verschafften uns Erleichterung, und wir fanden doch noch ein wenig Schlaf.
Der Platzregen hatte am frühen Morgen wieder aufgehört, sodass wir schließlich um 10 Uhr mit Paul zum Gipfel aufbrechen konnten. Pole Pole (langsam langsam auf Swahili) war das Mantra, das Paul stetig wiederholte. Der steile Aufstieg durch Steinwüste und Schnee war anstrengend und nicht ungefährlich. 800 Höhenmeter lagen noch vor uns. Einen richtigen Pfad gab es schon lange nicht mehr. Wir folgten Pauls Fußstapfen, um auf Geröll und Schnee möglichst nicht abzurutschen. Um nicht komplett KO zu gehen, setzen wir einen Schritt langsam nach dem anderen und machten häufig kurze Pause. Pauls Tempo war perfekt, und so näherten wir uns dem Gipfel Meter um Meter. Das Wetter wechselte ständig: Wolken, Schnee, ein paar Sonnenstrahlen, Schnee, Wolken…
Nach knapp 3 Stunden und 2 kurzen Kletterpartien hatten wir es geschafft und kamen tatsächlich auf 4985m an – erschöpft, aber verdammt glücklich. Bei klarer Sicht hätten wir Mount Kilimandscharo sehen können, hieß es. Das war uns in dem Moment allerdings völlig egal. Paul drängte bald wieder zum Abstieg, da sich das Wetter hier oben schnell ändern könne. So machten wir uns wieder auf den steilen Weg bergab. Das ging zwar deutlich schneller, war aber auch von regelmäßigen „leichten“ Rutschpartien geprägt. Ab 4750m schlugen wir eine neue Route ein, die auf der anderen Seite des Berges Richtung Chogoria führte. Um nicht mit unserem kompletten Gepäck den Gipfel überqueren zu müssen, nahmen die 2 Davids und Caddy eine Abkürzung um auf die Chogoria Route zu gelangen. Durch ein grünes Tal, das wieder von Lobelien und Riesen-Senezien, aber auch von Bergseen und Sumpf geprägt war, erreichten wir auf 4200m Höhe unsere dritte Unterkunft: Minto’s Hütte – laut Lonely Planet „a nasty hut that is only intended for porters“. Minto’s Hut war eine kleine Blechhütte mit zwei Schlafebenen aus Holz, ohne richtige Tür und einem, knapp 100 m entferntem, Plumpsklo. Obwohl die Behausung alles andere als komfortabel war, empfanden wir es als sehr gemütlich, dass erste Mal mit dem ganzen Team in einem Raum. Um uns herum wurde gekocht und gequatscht, während wir uns von den Anstrengungen des Tages erholten. Die Nacht war trotz Wärmflasche wieder nicht von viel Schlaf geprägt – es war kalt, die Liegefläche hart und die Geräuschkulisse groß: Schnarchen, Schreie im Alptraum, Hin- und Herräumen des Wellblechs, das den Eingang verschloss, Handyklingeln, Gespräche…
Tag 4 – Abstieg durch das atemberaubende Gorges Valley
Wir waren froh, als wir um 5 Uhr mit Tee und Frühstück langsam wieder aufstehen konnten. Nachts hatte es wieder viel geregnet und es fing an, durch die Wellblechdecke zu tropfen. Der heutige Tag war klar und wunderschön. Die Sonne wärmte uns bald wieder auf und um die Hütte herum konnten wir in den frühen Morgenstunden Mäuse, die auch in der Hütte hausten, und zutrauliche Klippschliefer, die nur im Mount Kenya Nationalpark vorkommen und wohl mit den Elefanten verwandt sind, beobachten. Heute führte uns die Chogoria Route entlang dem Gorges Valley, die tiefste Schlucht des Nationalparks. Die Kulisse war atemberaubend und die Vegetation wurde immer vielfältiger. Am Ende des Tals machte Paul mit uns noch einen Abstecher zu einem traumhaft schönen Wasserfall und zu einer Höhle, in der sich die kenianischen Unabhängigkeitskämpfer während des Mau-Mau Aufstands vor den Engländern versteckt hatten.
Durch dschungelartige Umgebung legten wir die letzten Kilometer über eine Schotterstraße zurück, bis wir nach knapp 20km an der Meru Mount Kenya Lodge ankamen. Mit der Sonne war es hier auf 2970m Höhe wieder schön warm. Die Unterkunft war geradezu luxuriös mit Kamin, Dusche und richtigen Betten. Heute durften wir David bei der Zubereitung seiner leckeren Kürbissuppe über die Schulter schauen und zum Abschluss haben wir alle zusammen zu Abend gegessen. Es gab den typisch kenianischen Maismehlkuchen, gekochte Brennnesseln, kenianische Crepes und Gemüse-Ratatouille. Dazu haben wir eine Runde Bier spendiert. Im Anschluss haben wir noch eine Weile am Kamin gesessen und uns unterhalten, wobei wir noch vieles Interessantes über Kenia und über das Trekking-Geschäft erfuhren. So waren die 4 sehr glücklich über unsere Buchung. Es war ihre erste Trekking Tour nach längerer Flaute. Warum? Im November ist Regenzeit und daher absolute Nebensaison. Darüber hinaus erzählte uns Paul, dass der Tourismus in Kenia über die letzten Jahre insgesamt stark abgenommen habe.
Bevor es ins Bett ging, konnten wir draußen noch Büffel beobachten – zumindest sahen wir ihre Augen im Dunkeln aufleuchten. Und wir haben endlich eine Nacht wieder richtig tief geschlafen.
Tag 5 – Einblick in Land und Leute auf unserer Rückkehr nach Nairobi
Am letzten Tag unserer Trekking Tour sind wir noch einmal früh aufgestanden und aufgebrochen, um möglicherweise noch Elefanten zu sehen. Entlang der Schotterstraße fanden wir jedoch nur Elefanten- und Büffeldung. Nach 10km angenehmer Wanderung bergab wurde unsere Gruppe von einem Auto und einem Motorrad abgeholt und die restlichen 19km nach Chogoria gefahren. Auf dem Weg machten wir noch kurz Halt bei einer Teeplantage und erfuhren, wie aus den jungen Blättern der Pflanzen der wohl weltweit beste Schwarztee gewonnen wird. Später sahen wir auf vielen Feldern auch Arbeiterinnen und Arbeiter, die den Tee ernteten. Von Chogoria brachte uns Fahrer Samuel wieder nach Nairobi. Wir verabschiedeten uns nach einigen Kilometern von Paul, David, David und Caddy, die uns wirklich toll bei der Trekking Tour umsorgt hatten und fuhren die ca. 3 Stunden lange Strecke zurück nach Nairobi. Genau wie auf der Hinfahrt war es dabei höchst interessant, Land und Leute zu sehen – wie sie Reis anbauen, ernten und trocknen, Teeplantagen bewirtschaften und teilweise noch mit Esel- und Ochsenkarren unterwegs sind. Samuel brachte uns auf der Fahrt noch ein wenig Swahili bei und stoppte extra für uns bei einer riesigen Del Monte Ananasfarm, damit wir probieren konnten, wie zuckersüß die wirklich reifen Früchte schmecken.
Die Trekking Tour war eine wirklich krasse und bereichernde Erfahrung – sowohl hinsichtlich unserer Erlebnisse, als auch der extremen Gastfreundschaft, die wir erfahren haben. Wer ebenso bekloppt ist wie wir und Lust hat, Mount Kenya zu besteigen, dem können wir Paul und sein Team nur wärmstens empfehlen – Kontaktdaten finden sich hier: Mountain View Tour Trekking Safaris
Wow, wunderschön eure Fotos und wie ich sehe, habt ihr das mit der Lightbox noch hinbekommen 🙂
Ich war vor 10 Jahren auch auf dem Mount Kenya, leider sind damals alle Fotos im Internet Café beim Brennen verloren gegangen. Daher wirklich schön hier die Fotos von eurer Tour zu sehen. Noch viel Spaß in Kenia, oder Dubai?! 🙂
Safari njema, Steffi
Hey Steffi, asante sana!
Ja, Das war ein ganz schönes Gefrickel mit WordPress, aber jetzt sind wir froh dass alles klappt!
Cool, dass du auch auf Mount Kenya warst! Morgen fliegen wir von Dubai weiter nach Sao Paulo. Seid ihr immer noch in England unterwegs?
LG Kathrin